Anfangs Oktober 2018 nahm ich im Rahmen eines „Humanities Festival“ an einer Instituts-Diskussion mit dem Themenüberschrift "Macht und Ohnmacht der Medien“ teil. Die gesamte Debatte auf dem Podium und auch seitens des durchaus gut gebildeten Auditoriums fand – aus Entgegenkommen gegenüber den ausländischen Gästen des Institutes – auf Englisch statt. Ich gebe aber hier nur die zentrale „Border-or-No-Border-Debatte“ auf Deutsch wider.

„Sehr geeehrte Frau Vorsitzende, ich möchte zu dem Thema „Integration“ ein kleines praktisches Beispiel beitragen,“ damit meldete ich mich kurz vor dem Ende des Diskurses im Institut - aus dem Auditorium heraus - zu Wort: „Vor ein paar Jahren hatte ich einen Sportkollegen, – einen Studenten aus China. Als er mir anvertraute, dass hier in Wien alles für ihn finanziell sehr eng würde – bei seinem kleinen Stipendium, fragte ich ihn, ob ihm ein Sofa, dass bei mir frei ist, als Schlafplatz genügen würde?“ - Er kam gerne und blieb ein Jahr bis zur Abreise nach Studienabschluss.

Auch mein Sohn, der an der Wiener Uni studierte, und schon länger in einem weiteren Zimmer bei mir wohnte, nahm bald auch einen alten Mittelschulkollegen freundlich auf, der nicht mehr zurechtkam mit seinem Wohnproblem … - Jetzt hatten wir zwei Mitbewohner – gratis natürlich, aus Freundschaft eingeladen. Beide hatten beim Einzug sofort Wohnungs- und Haustorschlüssel in die Handbekommen. Wir stellten aber auch eingangs fest, - wir (die Gastgeber sozusagen) sind Nichtraucher, und das – liebe Gäste – ist die Regel hier. Der Chinese war selbst auch kein Raucher, und der andere junge Kollege sagte zu – seine Gewohnheit dbzgl. halt einfach in Zaum zu halten. – Aber nach ein paar Wochen konnte er sich nicht mehr daran halten. Wir Gastgeber baten ihn dann eindringlich, es nun wirklich sein zu lassen, und die Hausregel einzuhalten. Aber es ging nicht, er konnte es nicht lassen, – und so bat ich ihn – als Gastgeber – schließlich doch, die Schlüssel zurückzugeben. - Sehr geehrte Frau Vorsitzende, was wäre ihr Vorschlag gewesen?“

Die Vorsitzende und Moderatorin (aus einer UCLA, also aus Kalifornien, kommend) antwortete: „Auf den Balkon gehen!“ - „Balkon gibt es keinen, – dieses Beispiel spielt ja in der Mikrowelt, aber Ähnliches gibt es in der Großen Welt auch, – es geht darum sich als Gast an die Regeln der Gastgeber zu halten...“, antwortete ich; kurzes Gemurmel im ganzen Saal, dann Ruhe.

„Nächste Frage bitte!“, sagte die weibliche Vorsitzende. Man diskutierte weiter auf Englisch, ignorierte das "Border-Thema" einfach; aber:

* „Trust“ war ein oft erwähnter Begriff;

* Viel "Betroffenheit" wurde direkt oder indirekt geäußt;

* und ein älterer Herr, erklärte etwas über die „Illusions“ in der amerikanischen Gesellschaft, wo seines Wissen linkes gegen rechtes Gedankengut heftig stritt …

Die Diskussion ging noch kurz weiter – niemand, weder aus dem Auditorium noch seitens des Podiums ging in irgendeiner Weise auf diesen „heiklen Problemkreis der Gastgeber-Regeln und damit auf dieses praktische Beispiel der „Border-Problematik“ ein…

Am Ende entleerte sich langsam der Seminarsaal – es nahmen ca. 70 Personen teil, überwiegend weibliche, darunter viele jüngere. Ich blieb auf meinem Eckplatz nahe dem Saalausgang ruhig sitzen. Alle Teilnehmer gingen ruhig hinaus, manche diskutierten noch ein paar Minuten stehend neben ihren Sesseln. Nach 10 Minuten waren der Saal dann doch leer. Niemand wollte mit mir sprechen, die meisten vermieden auch jeden Augenkontakt.

Der allerletzte im Saal war ein Funktionär des Instituts, ich denke eine Art 'Geschäftsführer' mittleren Alters. Er komplimentierte mich höflich auch aus dem Saal, und wir kamen beim gemeinsamen Hinausgehen langsam ins Gespräch. Ich erzählte ihm dabei in Kürze meine Sicht der Dinge:

* „Es wird hier – eben auf Englisch – alles Wesentliche kleingeredet, dafür viel „Betroffenheit geäußert“;

* die wichtigen Fragen werden hier weder gestellt noch werden Vorschläge dazu erarbeitet,

* es wurde aber eben vor allem viel „Rund herum - Medien hin oder her (deren Rolle wischiwaschi) “artikuliert.

Ich betonte nochmals, dass das Wohnungsbeispiel nur ein kleines aber reales Beispiel für die global relevante „No-border-yes-border-Problematik“ ist. – Er war sehr freundlich und sprach dann einen naheliegenden interessanten Ansatz aus: Es wird global auf keine schwarz-weiss Lösung hinauskommen, - es werden Zwischenformen entwickelt werden müssen ... #

funky focus / pixabay / gefunden von Hans Winterbach

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anti3anti

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Markus Andel

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