Fotomontage Manfred Breitenberger

Ein altes Foto brachte 2019 Justin Trudeau mitten im Wahlkampf in Erklärungsnöte. Das Foto zeigte ihn während eines Kostümballs mit braun geschminkter Haut. Aus heutiger Sicht sehe er ein, dass seine Verkleidung rassistisch gewesen sei, entschuldigte sich der Premierminister Kanadas. Im Jahr 2022 durfte Ronja Maltzahn, eine Sängerin mit Dreadlocks nicht bei „Fridays for Future“ auftreten. Die Aktivisten luden die Musikerin wegen „kultureller Aneignung“ aus und teilen ihr mit, dass sie nur dann spielen dürfe, wenn sie ihre Haare abschneide. Mit dem „Selbstbestimmungsgesetz“ der Ampel-Regierung kann nun jeder sein Geschlecht alle zwölf Monate bei den Behörden per einfacher, mündlicher Erklärung ändern lassen. Männer die behaupten eine Frau zu sein können nun zum Beispiel in die Damensauna oder in weibliche Umkleideräume gehen. Wenn eine Frau sich darüber empört und behauptet die „Frau“ sei ein Mann muss sie wegen Diskriminierung mit einer Geldstrafe bis zu 10.000 Euro rechnen.

Der 8. Mai wird in der westlichen Welt kaum mehr als Tag der Befreiung vom Nationalsozialismus gefeiert. Gefeiert wird der 8./9. Mai vor allem nur noch in Russland und in Israel. Die westlichen Alliierten haben sich mit dem NS-Nachfolgestaat und seinen Kollaboratoren verbündet und wollen Russland wie einst Napoleon und Hitler zerschlagen. Die Geschichte wird umgeschrieben, so wird die Rolle der Russen im zweiten Weltkrieg neu bewertet und so halluziniert ein Lohnschreiber des Spiegel die USA hätten Auschwitz befreit und der ukrainische Präsident behauptet entgegen jeder Realität die Ukrianer hätten die Juden gerettet.

Nach dem größten antisemitischen Pogrom seit dem Holocaust, dem Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023, bei dem rund 1200 Menschen ermordet und unzählige Frauen vergewaltigt und verstümmelt wurden feierte auf den Straßen der westlichen Welt der antisemitische Mob und vor den westlichen Universitäten solidarisieren sich die Studenten mit der Hamas. Das antirassistische „progressive“ Milieu an den Universitäten und im Kulturbetrieb belegt mit seiner antizionistischen Identitätspolitik ihren Hass auf Juden. Jüdische Studenten werden am Betreten des Campus behindert und sind sich von Berlin bis Cambridge ihres Lebens nicht mehr sicher.

Nach unzähligen Morden, Vergewaltigungen, Messerstechereien und Terroranschlägen durch Muslime in der westlichen Welt forderten kürzlich in Hamburg tausende Moslems die Einführung des Kalifats in Deutschland. Die Polizei und später der Staat standen dabei ohne sich zu rühren. Die fortschreitende Islamisierung der westlichen Welt erinnert beängstigend an das Stück von Max Frisch über Herrn Biedermann und die Brandstifter. Herr Biedermann wollte seine Gäste, die auf seinem Dachboden Quartier bezogen, nicht zu Feinden haben, wo sie längst ihre Benzinkanister deponierten und immer offener über Zündkapseln und brennbares Material reden. Als Zeichen seines Vertrauens gibt er den Brandstiftern am Ende seine Streichhölzer und kurz darauf, zu guter Letzt geht das Haus von Herrn Biedermann in Flammen auf.

Die westliche Welt ist dominiert von einer absurden Identitätspolitik und verrät mehr und mehr seine Werte der Aufklärung, der Vernunft, der Gleichberechtigung, von Freiheit, Redefreiheit und Gerechtigkeit. Warum verhalten sich die herrschende Politik und ihre Wähler und die Lohnschreiber der Leitmedien wie Herr Biedermann? Wie konnte sich Judenhass, Kriegsrhetorik, antisemitischer Antirassismus, Gendertheorie, wirtschaftlicher Irrsinn, Klimahysterie und Frauenfeindlichkeit in der aufgeklärten westlichen Welt die Bahn brechen? Wieso blieb die Gedanken- und Sprachpolizei aus George Orwells Roman 1984 keine Utopie, warum wird sie in der westlichen Welt zur bitteren Realität? Was ist Identitätspolitik, wo liegen die Wurzeln der Identitätspolitik und was waren seine Weggefährten und Kombattanten?

Der geistige Vater der Identitätspolitik ist zweifellos Michel Foucault (1926-1984). Der französische Philosoph und Inhaber des Lehrstuhls für die Geschichte der Denksysteme am Collège de France in Paris rief in seinen Schriften das Ende der „großen Erzählungen“ aus. Nach den Gulags und den Schauprozessen musste man laut Foucault künftig jeder Ideologie mistrauen. Foucault war Zeit seines Lebens ein überzeugter Linker, trotzdem oder gerade deshalb unterschrieb er eine Petition zur Abschaffung des Mündigkeitsalters und war ein blinder Anhänger von Ruhollah Chomeini, dem Gründer des Gottesstaates Iran. Michel Foucault war frauenfeindlich, antiliberal und er lehnte wie so gut wie alle postmodernen Denker die „großen Erzählungen“, vom Marxismus bis zum Liberalismus ab und anstelle des „Klassenkampfes“ sollte der „Rassenkampf“ den Diskurs bestimmen. Die Abkehr von den zentralen Werten der Bürgerrechtsbewegung, das Ziel der Rassenintegration eingeschlossen, war die Folge. Marxisten hatten stets behauptet, das Proletariat zu repräsentieren. Feministinnen hatten stets behauptet, für die Sache der Frauen zu kämpfen. Im Zeitalter der Postmoderne existierte diese Repräsentation nicht mehr.

Mit der Ablehnung der großen Erzählungen wurde mehr oder weniger die Existenz objektiver Wahrheiten oder universeller Werte bestritten. „Laut Foucault waren Bezeichnungen wie „mentale Krankheit“ oder „Homosexualität“ Werkzeuge der Macht, und nicht etwa neutrale Beschreibungen der Realität. Im Laufe der Zeit entwickelten postmoderne Denker aus dieser Idee einen noch radikaleren Skeptizismus in Bezug auf die Fähigkeiten des Einzelnen, Behauptungen über eine Gruppe aufzustellen, die sich durch eine gemeinsame Identität definiert“ so Yascha Mounk in „Im Zeitalter der Identität.“ Der homosexuelle Foucault wandte sich gegen die Vorstellung, Gesellschaften seien in ihrer Behandlung von Kriminellen, Geisteskranken oder sexuellen Minderheiten humaner geworden. Foucault behauptete, die Gesellschaft habe lediglich raffiniertere Methoden gefunden, um von der Norm abweichendes Verhalten zu kontrollieren.

Der palästinensische Amerikaner Edward Said (1935–2003) bekannte sich ausdrücklich zu Foucaults „Diskursanalyse“ und er behauptete, dass die traditionellen „westlichen“ Repräsentationen des „Orients“ echten Schaden verursacht hätten. Edward Said ist der Gründervater der rassistischen und antiwestlichen Postcolonial Theory Ideologie. Said war Berater von Yassir Arafat und wie sein Vorbild Supporter des Mullah Regimes im Iran. Sein 1978 erschienenes Buch "Orientalismus" gilt als Gründungsdokument für die Etablierung der Postkolonialen Studien als Forschungsrichtung. Mit der „Diskursanalyse“ wollte Said aufdecken, inwieweit eine Reihe angeblich objektiver Behauptungen über Asien und Afrika als Rechtfertigung der kolonialen Herrschaft gedient hatten. Die postmodernen Theoretiker um Said bestritten Identitätskategorien wie „Frauen“ oder „Unterdrückte« und rieten zur Übernahme eines „strategischen Essentialismus“. Menschen sollten sich auf der Basis ihrer Gruppenidentität organisieren.

1987 kam es im französischen Lyon zum Prozess gegen den NS-Kriegsverbrecher, SS-Obersturmführer und Gestapochef von Lyon, Klaus Barbie (1913-1991), der wegen seiner Grausamkeit der „Schlächter von Lyon“ genannt wurde. Nachdem Klaus Barbie in Südamerika diversen Diktaturen gedient hatte, unter anderem war Barbie der strategische Kopf bei der Jagd auf Che Guevara, wurde er von Bolivien ausgeliefert. Die drei Verteidiger Barbies waren der Kongolese M’Bemba, der Algerier Bouaita und der der Sohn einer Vietnamesin, der französische Kommunist Jacques Vergès. Die drei „Abgesandten der nicht-weißen Menschheit“ trugen ihre Hautfarbe „wie eine Fahne vor sich her“ und versuchten die Lehren von Nürnberg vergessen zu machen. Die drei Verteidiger hätten nach mildernden Umständen suchen, sie hätten die „bürokratische Ausflucht des Gehorsams“, die „soziologische Indoktriniertheit“, anführen können. All dies taten sie nicht, sie traten im Prozess selbst als Ankläger auf. Sie relativierten während des Prozesses den Mord an den Juden um auf das „viel größere Verbrechen“ des Rassismus abzulenken, „dass die Vernichtung der Juden ein Verbrechen von allenfalls lokalem Interesse, ein Blutstropfen Europas im Ozean des menschlichen Leidens sei und folglich allein das Gewissen der Weißen zu beunruhigen habe“, während in Wahrheit der unerklärte und von keinem Gericht geahndete Krieg der imperialistischen Staaten gegen die Dritte Welt den Gang der Geschichte bestimme: „Als Weiße vergießt ihr Tränen über das weiße Schicksal. Als Europäer bläht ihr einen Familienzwist zum Weltkonflikt und unverjährbaren Verbrechen auf. So von euch eingenommen wie ihr seid, so unempfindlich seid ihr für das Leid der wirklich Unterdrückten, ihr leckt eure eigenen Wunden und erhebt die Juden, das heißt euresgleichen, zu einer verfemten Nation, zu erwählten Märtyrern, um mit Hilfe jener Prüfungen, die ihr einmalig durchgemacht habt, leichter die Misshandlungen zu vergessen, die ihr ohne Unterlass die Völker des Südens erleiden ließet und lasst.“ Im antirassistischen Weltbild der Verteidiger Barbies war die Feststellung von der Singularität der Shoah eine rassistische Behauptung.

Der französische Philosoph Alain Finkielkraut beobachtete den Prozess und schrieb in der „Niederlage des Denkens“, einem Rundumschlag gegen Neostrukturalisten, Identitäre, die damals noch „neue Rechte“ hießen, sowie Multikulti-Anhängern, die er „Dritte-Welt-Anhänger“ nannte: „Das Gebot der Toleranz gegenüber jedweden Ausdrucksformen anderer Kulturen stammt aus der Aufklärung und steht zugleich dem aufklärerischen Prinzip der Universalität des autonom denkenden Menschen entgegen.“

Finkielkraut kritisierte den Verfall des Denkens durch das „Wuchern“ des Kulturbegriffs. Damit würde das notwendige Spannungsfeld zwischen dem Respekt vor fremden Kulturen und der menschlichen Vernunft aufgehoben. Der weltweite Anspruch auf Einhaltung der Menschenrechte, den die Aufklärung formuliert und der in die Charta der Vereinten Nationen aufgenommen wurde, zerfällt. Scharf wendet sich Finkielkraut gegen jeden Kulturrelativismus, denn die Kritik an der islamischen Ungleichheit zwischen Männern und Frauen zerstöre nicht deren Gemeinschaft, aber die Toleranz gegenüber der Menschenverachtung der fremden Kulturen setzt ein überkommenes Denken in Begriffen der kulturellen Identität voraus.

Finkielkraut kritisiert das antirassistische Weltbild, das sich selbst rassistischer Argumente bedient und das die Dimension von Auschwitz nicht verstanden hat: „Die universellen Menschenrechte die durch die Aufklärung erkämpft wurden sollten nicht zugunsten einer „multikulturellen Gesellschaft“ aufgegeben werden. Beispielsweise die religiöse Rechtfertigung, dass Frauen minderen Ranges seien ist inakzeptabel. Auch von Zugewanderten, wie von den Europäern selbst muss die Anpassung an die Aufklärung verlangt und die Menschenrechte müssten gegen mittelalterliche Religion und Aberglauben erkämpft und verteidigt werden. Die Gegenrenaissance hat viele Gesichter und sie ist verführerisch, weil sie uns „das Leben im Denken“ ersparen will."

Am Ende seines Essays schreibt Finkielkraut: „Die Barbarei hat sich zuletzt also doch der Kultur bemächtigt. Im Schatten dieses großen Wortes nehmen Intoleranz wie Infantilismus zu. Wenn die kulturelle Identität das Individuum nicht in seine Zugehörigkeit sperrt und ihm bei Strafe des Hochverrats den Zugang zu Zweifel, Ironie und Vernunft — zu allem, was es dem Schoß der Gemeinschaft entreißen könnte — verbietet, so tut dies die Freizeitindustrie, jene Schöpfung des technischen Zeitalters, die die Werke des Geistes zu Plunder (oder wie man in Amerika sagt, zu entertainment) macht. Und das „Leben mit dem Denken“ überlässt seinen Platz allmählich der schrecklichen und lächerlichen Gegenüberstellung von Fanatiker und Zombie.“

Der Multikulturalismus der die Gleichheit aller Kulturen propagiert, respektiert so gut wie alle kulturellen Bräuche ganz egal, wie reaktionär und menschenverachtend sie auch sein mögen. Laut ihrem Weltbild geht es Frauen in islamischen Gesellschaften nicht schlechter als in westlichen. Ehrenmorde werden mit Familiendramen gleichgesetzt und für den islamischen Terror wird der Westen oder die soziale Not der Terroristen verantwortlich gemacht. So ist für die „antirassistische postkoloniale Linke“ jede Kritik am Islam, zum Beispiel Kritik am islamischen Kopftuch rassistisch.

Mit ihren berechtigten Anliegen wie Umweltschutz und Frieden zogen die Grünen Mitte der 1980er Jahre in die europäischen Parlamente ein. Sehr bald ließen die Grünen ihre Maske fallen und so sind sie heute die Speerspitze der Identitätspolitik in Europa. Gegründet wurden die Grünen von ehemaligen Nazis und ehemaligen Kadern der maoistischen K-Gruppen, also von Anfang an extrem antirussisch und antisemitisch eingestellt. Die Grünen wollen heute mehr denn je Russland ruinieren, fordern immer mehr Waffen in die Ukraine bis hin zum Atomkrieg und lassen außerdem keinen Zweifel an ihrem Hass auf Israel und ihrer Solidarität mit dem Islam. Umweltpolitik und Klimaschutz hat bei den Grünen und den entsprechenden Anhängern längst religiöse Züge angenommen.

Mit dem Zerfall der Sowjetunion Anfang der Neunzigerjahre fehlte der politischen Linken ein mächtiges Land als dem Klassenkampf verpflichtendes Vorbild und den konservativen Antikommunisten ging das Feindbild abhanden. Der Schwerpunkt verlagerte sich nun mehr und mehr auf Fragen der Kultur und der Identität. In den westlichen Universitäten wurden neue Studiengänge eingeführt, man konzentrierte sich in den Geistes- und Sozialwissenschaften auf die die Erfahrungen marginalisierter Gruppen. Neue akademische Zentren wie etwa Gender Studies, African American Studies und Latino Studies entstanden, die sich vor allem mit Identitätsfragen befassten. Unter dem Einfluss der Postmoderne, des Postkolonialismus und der Critical Race Theory entstand die neue Identitätsideologie, mit laut Yascha Mounk folgenden Kernmotiven: „Die Existenz einer objektiven Wahrheit wird abgelehnt; die Diskursanalyse dient ausdrücklich politischen Zielen; das Bekenntnis zum strategischen Essentialismus; die Behauptung, der Rassismus und andere Formen der Diskriminierung seien ein unveränderlicher und unabdingbarer Bestandteil der liberalen Demokratie; die Forderung, der Staat solle explizit zwischen Bürgern auf Grundlage ihrer Gruppenzugehörigkeit unterscheiden; die Übernahme der Intersektionalität als eine Strategie der politischen Organisation; eine große Skepsis, ob Mitglieder unterschiedlicher Gruppen einander überhaupt verstehen können.“

Der Zusammenbruch der Sowjetunion verhalf der Identitätspolitik zum endgültigen Durchbruch und mit der Wahl von Barak Obama als ersten schwarzen Präsidenten im Jahr 2008 erreichte sie ihren zwischenzeitlichen Höhepunkt. Im Laufe der Präsidentschaft Obamas wandelten sich Schlüsselkonzepte der Identitätspolitik, wie etwa Mikroaggression und weißes Privileg „von obskuren Fragmenten eines akademischen Jargons zu journalistischer Alltagssprache.“ Dieser rasche Wandel in der Art und Weise, wie die renommiertesten Medien die Welt nun darstellten, sollte einen gewaltigen Einfluss auf die amerikanische Gesellschaft ausüben. Mit dieser neuen Sprache gingen Ideen und Überzeugungen einher, die neue politisch-moralische Rahmenbedingungen für das öffentliche Leben und die amerikanische Gesellschaft schufen. So durchliefen die USA innerhalb eines Jahrzehnts eine erstaunliche Wandlung, die sich auf die gesamte westliche Welt auswirkte. Im Jahr 2020 beriefen sich die New York Times und die Washington Post regelmäßig auf Schlüsselkonzepte, die mit der Identitätspolitik in Zusammenhang standen, darunter sowohl das „weiße Privileg“ wie auch der „strukturelle Rassismus“. Unternehmen, NGOs und Abgeordnetenbüros veränderten ihre Weltsicht und damit die gesellschaftlichen Eliten nachhaltig. Mit der Wahl Donald Trumps erhöhte sich der Konformitätsdruck innerhalb der linksgerichteten Institutionen und so konnte eine ideologische Minderheit allen anderen ihre Vorstellungen aufzuzwingen.

Barak Obama schuf mit seinem Vizepräsidenten Joe Biden die Voraussetzungen für den Krieg gegen Russland in der Ukraine und im Juni des Jahres 2009 hielt Obama seine berühmt-berüchtigte Kairoer Rede „Zu viele Tränen sind geflossen!“ worauf die USA dem Islamisten Mohammed Mursi rund 140.000 Tränengascontainer im Wert von 2,5 Millionen US-Dollar geschickt haben um die Opposition in Ägypten zu unterdrücken. Identitätspolitk genau nach dem Geschmack von Edward Said.

Das Streben nach Gleichheit ist laut dem französische Publizisten Politiker und Historiker Alexis Charles-Henri-Maurice Clérel de Tocqueville (1805–1859) die Triebfeder der westlichen Zivilisationen, wobei ein hemmungsloses Gleichheitsstreben die Errungenschaften der Freiheit aufs Spiel setzt. Der "Vernunftdemokrat" warnte davor, dass der Weg der Demokratie ebenso in die Unfreiheit wie in die Freiheit führen könne: „Der Abbau von Unrecht schärft die Sinne für Ungerechtigkeiten, die noch weiterhin bestehen, und gerade die Reform schlechter Sozialverhältnisse erhöht die Wahrscheinlichkeit ihrer revolutionären Veränderung.“ Die Weitsicht von Tocqueville ist atemberaubend, die identitäre Ideologie führt wie alle postmodernen Ideologien in die Unfreiheit und in den Untergang.

„Mit dem Fall der Mauer und das verkündete Ende der Ideologien haben der Rückkehr des Tribalismus den Weg bereitet. Wir befinden uns nicht mehr im Kalten Krieg, sondern in einem der Identitäten. Der Generation Y, den Millenials, sind Sklaverei, Kolonialismus, Deportationen oder Stalinismus gänzlich unbekannt. Obschon sie die Welt durch das Internet auf anachronistische Weise und losgelöst von allen Zusammenhängen wahrnehmen, halten sie sich dennoch manchmal für versklavt, eingeboren oder von Völkermorden bedroht. Das digitale Lynchen ist ihren zu gleichen Teilen politische Schulung, Partei und politische Bewegung. Beseelt von dem Wunsch, die größte Zahl an „Likes zu ernten, haben sie gelernt, sich noch vom geringsten Tweet mitreißen zu lassen und gleich loszuschreien. Das geht bis zur grandiosen Nachahmung der guten alten Moskauer Prozesse, die einfacher denn je zu organisieren sind. Sie finden heute an den Universitäten statt“, schreibt Caroline Fourest in „Generation beleidigt.“

Der „Rassenkampf“ hat den „Klassenkampf“ ersetzt. Der heutige Antirassismus ist längst nicht mehr universalistisch, er fordert eine besondere Behandlung im Namen der Identität ein, er ist identitär. Die Intersektionalität hat die Konvergenz der Kämpfe abgelöst. Wer sich für universalistische Werte einsetzt hat schlechte Karten in der westlichen Welt. Wer keine Lust auf die „großen Themen“ wie „Gender“ oder „Rasse“ hat, hat keine großen Chancen einen gutbezahlten akademischen Job zu bekommen. Professoren die zum Beispiel den Islam und seine Zumutungen kritisieren, werden von den Studenten niedergeschrien oder verlieren ihren Lehrstuhl. Ein herrschaftsfreier Diskurs ist vor allem in Deutschland kaum mehr möglich.

Der Aufstieg der Identitätspolitik hat das intellektuelle Leben an amerikanischen Universitäten im Laufe der vergangenen fünfzig Jahre grundlegend umgestaltet. Inspiriert von Postmodernismus, Postkolonialismus und die Critical Race Theory ist es einer neuen Generation von Wissenschaftlern gelungen, eine Reihe unterschiedlicher Einflüsse zu einer zusammenhängenden Identitäts-Ideologie zu verschmelzen. Die Identitätspolitik gefährdet die Redefreiheit. In der westlichen Welt, vor allem in Deutschland ist die Kultur der Redefreiheit ernsthaft bedroht. In den westlichen Demokratien kommt ein großer Teil dieser Bedrohung aus der linken Richtung. Einst hatte sich die Linke für die Redefreiheit eingesetzt, denn in ihren historischen Kämpfen spielte sie gegen Unterdrückung eine zentrale Rolle. Heute schmähen die Progressiven die Redefreiheit und fordern eine „Consequence Culture“, in der man für unpopuläre Äußerungen zur Rechenschaft gezogen wird. Die Redefreiheit wäre ein Sicherheitsventil, dank dem sich Menschen gegen alle Arten von Unrecht organisieren können. Ihre Beschränkung wird deshalb auch den sozialen Fortschritt behindern. Die Ampel-Regierung in Deutschland will es unter Strafe stellen, wenn man sich über sie lustig macht, unzählige Prozesse gegen ihre Bürger prägen die Gerichtslandschaft. Mit Hilfe der großen Konzerne versuchen die Regierenden in der westlichen Welt die Redefreiheit zu unterminieren. Unternehmen entlassen ihre Beschäftigten wegen ihrer politischen Ansichten oder Finanzdienstleister verweigern ihren Kunden aus ideologischen Gründen grundlegende Leistungen.

Geschichtsrelativismus, Holocaustrelativierung und Holocaustleugnung sind Kernmerkmale der identitären Ideologie. Wie die Holocaustleugnung seit 1945 ein fester Bestandteil rechtsextremer Ideologien ist, ist für die meisten Vertreter der postkolonialen Antirassisten die Holocaustrelativierung, neben der Feindschaft gegen den Judenstaat und ihrer menschenfeindlichen Islam-Apologetik Grundpfeiler ihrer Ideologie. Die Frauenverachtung im Islam, die Steinigungen von Frauen im Iran sind nicht nur ein Tabu im islamisch dominierten Menschenrechtsrat der UN. Frantz Fanon schloss sich noch den Juden an, seine fortschrittliche Allianz zerbrach schon in den 1960er Jahren und die antirassistischen „identitären“ Antworten auf den Rassismus sind seitdem ein Quell der Menschenverachtung. Die Menschenfeinde interpretieren seither den 2. Weltkrieg als Kolonialkrieg, den Holocaust als „kolonialen Genozid“ und den europäischen Sklavenhandel nennen sie den „afrikanischen Holocaust“ und unterschlagen dabei, wenig überraschend, den viel umfangreicheren und grausameren islamischen Sklavenhandel. Für die woken Identitären ist jede Verteidigung Israels ein Genozid an den Palästinensern, für sie fand in Srebrenica ebenso ein Genozid statt wie in Butscha. Der Zweck der inflationären Verwendung des Begriffs ist zweifelsohne die Relativerung des Holocaust.

Caroline Fourest schreibt in „Generation beleidigt“: „Solange die identitäre Linke den Antirassismus in einer die Freiheit bedrohenden sektiererischen Manier lächerlich macht, wird die identitäre Rechte die Köpfe und die Herzen und letztlich die Wahlen gewinnen. Indem jene die Zensur, die Abstammung, die Religion und den Partikularismus verteidigt, überlässt sie dieser die schöne Rolle, die Freiheit zu verteidigen.“

Der Scharialehrer und ICC-Chefankläger Karim Khan hat Israels Regierungschefs Benjamin Netanjahu und seinen Verteidigungsminister der Kriegsverbrechen angeklagt. Wie Wladimir Putin muss nun auch Benjamin Netanjahu damit rechnen, wenn er Deutschland besuchen würde, verhaftet zu werden, was die Bundesregierung so auch angedeutet hat. Ob Benjamin Netanjahu wie einst seine Vorfahren mit der "Reichsbahn" deportiert werden würde ist bisher nicht bekannt gegeben worden. Erst Milosevic, dann Putin und nun Netanjahu waren und sind im Fadenkreuz des Gerichtshofs von Den Haag, der in erster Linie von Deutschland und Japan finanziert wird. Serbien, Russland und Israel, die größten Gegner des Nationalsozialismus und die moralischen Sieger des 2. Weltkriegs auf der Anklagebank in Den Haag. Wenn das der Führer hätte erleben dürfen.

Spanien, Irland und Norwegen wollen zur Belohnung für den 7. Oktober einen palästinensischen Staat anerkennen. Israel lud die Botschafter dieser Länder vor und zeigte ihnen ein von den Eltern nun freigegebenes Video wie die Bestien der Hamas jüdische Mädchen und Frauen misshandeln und vergewaltigen. Allein dieses Video und die Solidarität des westlichen Anwaltskollektivs für die Islamisten zeigt die Verkommenheit, den Verrat und den moralischen Tiefpunkt der westlichen Welt äußerst eindrucksvoll.

Intersektionalisten, woke Linksidentitäre und fanatische Antirassisten wollen die Islamisten als dominierende Kraft nicht wahrhaben, für sie sind Islamisten eine bedrängte Minderheit die Opfer des westlichen Rassismus sind. Ob die Islamisten vergewaltigen, verschleiern oder enthaupten, in ihrer kruden Wahrnehmung sind sie die Rebellen, die versuchen sich selbst zu dekolonisieren. Aus diesen Gründen unterstützte auch Michel Foucault den Gottesstaat Iran und seine intellektuelle Blindheit setzt sich bei seinen Schülern bis heute fort und weil Israelis für sie Weiße und Weiße für immer schuldig sind, auch darum hassen sie Israel.

Wie alle postmodernen Ideologien sorgt die identitäre Ideologie dafür, dass ihre Anhänger sich schuldig zu fühlen und für die Vergehen ihrer Vorfahren Buße tun. Weiße, Heterosexuelle und Privilegiert müssen sich schämen, weil sie weiß, priviligiert und nicht homosexuell sind. Die woken Anhänger von Baerbock, Roth und Co. tragen ihre Buße nach außen und zeigen vermeintlich so ihre Tugendhaftigkeit. So solidarisiert man sich mit den „Palästinensern“ ohne eine Ahnung davon zu haben wie menschenfeindlich der Islam in diesen Gesellschaften wirkt, man verteidigt oder relativiert den Islam und seine Zumutungen von der Zwangsverschleierung bis hin zu den Steinigungen wegen Ehebruchs und setzt sich geleichzeitig für gendergerechte Sprache ein, Klimakleber werden gefeiert und gleichzeitig fliegt man in entfernte Länder in den Urlaub. Man will zu den Guten gehören und bemerkt dabei kaum die narzisstische Selbstüberhöhung.

Die identitäre Ideologie ist zweifellos eine Ersatzreligion, deren oberstes Gebot eine Mischung aus Schuldgefühl und Holocaustleugnung oder Holocaustrelativierung ist. Indoktriniert von dieser Ideologie sind in Deutschland nicht nur die Ampelparteien von den Grünen bis zur SPD, auch die Unionsparteien sind längst davon betroffen, allen voran die Wüst- und die Günther-CDU.

Die Klimahysteriker erinnern mehr und mehr an die Zeugen Jehovas und ihre Weltuntergangsreligion. So gut wie alles soll der Klimaneutralität geopfert werden. Dass Fracking-Gas nicht nur teurer, sondern auch umweltschädlicher als russisches Gas ist schert sie genauso wenig wie der Spritverbrauch eines Panzers. Die westliche Welt, vor allem Europa stehen wegen ihrem Krieg gegen Russland und den entsprechenden Sanktionen schwere wirtschaftliche Zeiten bevor. Anstatt das Gesundheitssystem zu stabilisieren werden Möglichkeiten eröffnet das Geschlecht jedes Jahr zu wechseln, gleichzeitig versucht die Regierung den Bürgern vorzuschreiben wie man zu heizen hat. Die westliche Welt beschäftigt sich mit ihrer Identitätspolitik mit unwichtigen und absurden Themen und vergisst dabei das Wesentliche, den Frieden, die Freiheit, die Gerechtigkeit, ein Bewusstsein für die Geschichte, die Gleichberechtigung und den Erhalt eines gewissen Wohlstands. Die Politiker haben längst jede Bodenhaftung verloren, die Politik hat sich von der Realität verabschiedet. Wie immer, wenn sich Weltreiche auflösen ist die um sich greifende Dekadenz ein offenkundiges Indiz. Politiker lassen sich vom Steuerzahler für hunderttausende Euros im Jahr schminken und frisieren, zeigen ihre Bürger an wenn sie sich über sie lustig machen und dulden kaum eine Widerrede gegen ihren Irrsinn. "Krieg ist Frieden! Freiheit ist Sklaverei! Unwissenheit ist Stärke!" Diese drei Parolen prangen am Ministerium für Wahrheit. "Ozeanien wird mit harter Hand regiert." Die Gedankenpolizei überwacht die eigene Bevölkerung und schützt die Mörder und Vergewaltiger. Die „Neusprache“, die von der Partei eingeführte Amtssprache, ersetzt oder streicht schädliche Begriffe wie „Gerechtigkeit“, „Moral“, „Demokratie“. Die Fernsehgeräte zeigen den ganzen Tag den Staatssender. Diese Utopie von George Orwell ist längst keine Utopie mehr.

Die Zerstörung der Vernunft durch Politik und Leitmedien hat inzwischen einen unrühmlichen Höchststand erreicht. Die Dekadenz ist einer der wichtigsten Gefährten der Identitätspolitik. Die Biedermänner aus Politik und Leitmedien sägen sich die Äste ab auf denen sie sitzen und sie geben den Brandstiftern vorsichthalber und bereitwillig die Zündhölzer.

Bereits 1952 schrieb Friedrich Dürrenmatt die Kurzgeschichte „Der Tunnel“: Ein junger Mann fährt in einem Zug stets dieselbe Strecke. Ihm fällt auf, dass der Zug ungewöhnlich lange durch einen eigentlich sehr kurzen Tunnel rast. Während er immer unruhiger und der Zug immer schneller wird, beschwichtigen ihn anfangs der Schaffner und die Mitreisenden. Der Zug wird aber immer noch schneller und der Tunnel hört nie auf. Jetzt bekommen es auch die anderen mit der Angst zu tun, sie merken, dass der Zug unaufhaltsam in den Abgrund stürzt. Um sich zu retten laufen einige der Mitreisenden in Richtung Ende des Zuges. Was sollen wir tun frägt der Zugführer? „Nichts“ antwortet am Ende des Stücks der junge Mann, der längst aufgegeben hat.

Mit der Niederschrift dieses Beitrages verhalte ich mich wie die Mitreisenden, die in Richtung letzter Waggon des in den Abgrund fahrenden Zuges laufen.

Quellen: Yascha Mounk – Im Zeitalter der Identität: Der Aufstieg einer gefährlichen Idee, Klett-Cotta-Verlag, 2024 | Vojin Saša Vukadinović – Siebter Oktober Dreiundzwanzig: Antizionismus und Identitätspolitik, Querverlag, 2024 | Walter Benn Michaels – Der Trubel um Diversität: Wie wir lernten, Identitäten zu lieben und Ungleichheit zu ignorieren, edition TIAMAT, 2021 | Caroline Fourest – Generation Beleidigt: Von der Sprachpolizei zur Gedankenpolizei, Edition Tiamat, 2021 | Alain Finkielkraut – Die vergebliche Erinnerung. Vom Verbrechen gegen die Menschheit, Tiamat-Verlag, 1. Auflage 1989 | Alain Finkielkraut – Die Niederlage des Denkens: Essay, Rowohlt Verlag, 1990

Gleichzeitig veröffentlicht bei Mission Impossible

12
Ich mag doch keine Fische vergeben
Meine Bewertung zurückziehen
Du hast None Fische vergeben
6 von 6 Fischen

bewertete diesen Eintrag

philip.blake

philip.blake bewertete diesen Eintrag 31.05.2024 15:32:05

Anne Weiss

Anne Weiss bewertete diesen Eintrag 27.05.2024 17:47:09

Susannah Winter

Susannah Winter bewertete diesen Eintrag 27.05.2024 16:49:46

Claudia56

Claudia56 bewertete diesen Eintrag 27.05.2024 10:30:26

Nonplusultra

Nonplusultra bewertete diesen Eintrag 27.05.2024 06:22:26

Zaungast_01

Zaungast_01 bewertete diesen Eintrag 27.05.2024 03:32:33

invalidenturm

invalidenturm bewertete diesen Eintrag 27.05.2024 02:05:02

Moritz Goldstein

Moritz Goldstein bewertete diesen Eintrag 26.05.2024 23:13:09

Stephan Gärtner

Stephan Gärtner bewertete diesen Eintrag 26.05.2024 19:51:27

Jeff

Jeff bewertete diesen Eintrag 26.05.2024 16:59:22

DaniTers

DaniTers bewertete diesen Eintrag 26.05.2024 12:13:08

Aron Sperber

Aron Sperber bewertete diesen Eintrag 26.05.2024 11:24:56

126 Kommentare

Mehr von Manfred Breitenberger