Zum 125. Geburtstag von Franz Werfel

Dieses Jahr ist dadurch gekennzeichnet , dass der 125. Geburtstag von Franz Werfel und das 100-jährige Gedenken an den Genozid am armenischen Volk zusammen treffen.

Es ist mir ein Bedürfnis, ein paar Worte über Franz Werfel zu schreiben, die seinen besonderen Stellenwert in der Literaturgeschichte ansatzweise beleuchten. Bei diesem Autor verhält es sich so, dass sein Werk eine Besonderheit aufweist, die eng mit seinem Leben verknüpft ist. Nicht wenige dem Schreiben zugewandte Menschen tun dies, um ihren Lebensunterhalt damit – mehr oder weniger ausreichend – zu bestreiten. Freilich gibt es einen Unterschied zwischen dichterischer Freiheit und der reinen Auseinandersetzung mit einem Thema. Franz Werfel ist es gelungen, die für ihn wichtigen Themen sachlich darzustellen und zudem zu verdichten. Somit sind seine bekanntesten Werke, allen voran Die vierzig Tage des Musa Dagh und Das Lied von Bernadette tiefgehende Betrachtungen über tatsächliche Geschehnisse, deren Besonderheit nur schwer in Worte gefasst werden kann. Dem in Prag aufgewachsenen Autor,  Freund von Franz Kafka und Max Brod, ist das Unmögliche gelungen.

Wer von einem Thema fasziniert ist, der will sich damit auseinander setzen, es für sich selbst erklärbar machen. Die meisten Menschen überschreiten keine Grenze, irgendwann ist das Interesse erschöpft und sie wenden sich einem anderen Thema zu. Den Blick auf ein Thema über viele Monate, manchmal auch Jahre, geheftet zu lassen, ist nur wenigen Menschen gegeben. Dafür ist auch Franz Werfel ein großartiges Beispiel. Er MUSSTE einfach über das Schicksal des armenischen Volkes schreiben, er MUSSTE die unglaubliche Geschichte der Bernadette Soubirous erzählen.  Beiden Werken ist ein mystischer Grundtenor zu eigen. Für Franz Werfel galt es nicht, die Geschehnisse zu verklären, sondern in einen einzigartigen Kontext zu setzen, wodurch die Auseinandersetzung mit dem Thema – wie bereits kurz beschrieben – als grenzüberschreitend einzustufen ist.

Franz Werfel hat, davon bin ich überzeugt, nur über jene Dinge geschrieben, die sein Herz angerührt haben. Nie hat er sich einer Sache verschrieben, die keinen großen Widerhall in seiner Seele erzeugt hätte. Er meinte, dass ohne seine Alma, mit der ihn eine innige Liebe verband (1929 hatte er die Witwe von Gustav Mahler nach längjähriger Liaison geheiratet) ,Vieles nicht entstanden wäre. Nun, er hätte möglicherweise anderes geschrieben, seine Hingabe an ein Thema wäre aber davon nicht betroffen gewesen. Anlässlich seines 125. Geburtstages kann nur nachdrücklich daran erinnert werden, welch einzigartiger Schriftsteller Franz Werfel gewesen ist. Er hat sich nie verbogen, angebiedert, irgendein Thema des reinen – vielleicht vorhersehbaren – Erfolgs wegen in Angriff genommen. Für ihn war es vorrangig, die Tiefgründigkeit der Seele, die mystische Dimension, wie sie in jedem Menschen angelegt ist, stets in seinen Protagonisten walten zu lassen. Hier halten nur wenige Autoren einem Vergleich stand, Franz Kafka und Dostojewski liegen diesbezüglich auf einer Linie.

Franz Werfel hat ein Werk hinterlassen, das uns Leser in Welten eintauchen lässt, die sich wie lebendig vor unserem geistigen Auge ausbreiten. Diese Welten scheinen die Ewigkeit in sich zu tragen, sind unzerstörbar. So ist es immer wieder eine große Herausforderung , durch die Werke von Franz Werfel – auch – mit sich selbst konfrontiert zu werden. Denn unsere Seelen sind Teile des Ganzen, und somit der Ewigkeit.

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irmi

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fischundfleisch

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