Angesichts der Turbulenzen mit der Türkei werden historische Erinnerungen wach. Das kollektive Gedächtnis fühlt sich ein wenig in das 17. Jahrhundert zurückversetzt, als 1683 die Osmanen ein zweites Mal vor den Toren Wiens standen, nachdem sie 1529 erfolgreich abgewehrt worden waren.

Wien galt den Osmanen als wichtiges Tor zu Westeuropa.

Schauen wir uns an, was sich bereits am Vormarsch im Burgenland und in Niederösterreich abspielte:

Am 11. Juli 1683 eroberten die Osmanen Hainburg und brannten es nieder. Sie ermordeten 90% der Hainburger Bevölkerung!

Das Gleiche passierte mit den Orten Baden, Schwechat, Inzersdorf und Favoriten (Favorita), das damals noch nicht zu Wien gehörte. Die Orte wurden eingenommen und zerstört.

Die Bevölkerung von Perchtoldsdorf wurde ebenfalls getötet und der Ort wurde niedergebrannt, ebenso in Mödling, wo die Bewohner in die St. Othmarkirche flüchteten und in der Kirche umgebracht wurden.

Am 14. Juli plünderten und verbrannten die Osmanen das Stift Heiligenkreuz. An dem Tag erreichten die Osmanen Wien und schlossen es von Süden, Westen und Norden her ein.

Kara Mustafa baute auf der Schmelz seine Zeltburg auf. (Die Schmelz gehört heute zum 15. Wiener Gemeindebezirk.)

Am 15. Juli lehnte Graf Starhemberg die Kapitulation ab. Er übergab die Stadt nicht an die Osmanen. Er hoffte stattdessen, mit rund 11.000 Soldaten und 5.000 Bürgern und Freiwilligen bis zum Kommen des Entsatzheeres durchzuhalten.

Die Osmanen setzten die Leopoldstadt in Brand (heute 2. Wiener Gemeindebezirk) und rissen die letzte Brücke über die Donau ab.

Am 17. Juli wurde ein Angriff auf Klosterneuburg abgewehrt. Zwei Tage später konnte Klosterneuburg erneut einem Angriff standhalten. Der untere Teil der Stadt wurde von den Osmanen jedoch geplündert und angezündet.

Am 18. Juli entdeckte Kara Mustafa beim Besichtigen der Schanzarbeiten eine Wasserzuleitung aus der Vorstadt und grub den Wienern die Leitung ab.

Am 23. Juli erfolgte die erste Minensprengung vor der Burgbastei. Der Angriff auf die Palisaden wurde unter großen Verlusten auf beiden Seiten abgewehrt. Die Osmanen gruben sich zwei bis drei Meter tief unter die Erde, um Stück für Stück den Verteidigungswall durch Minen zu sprengen.

Am 25. Juli ging eine Mine vor der Löwelbastei hoch.

Am 28. Juli zündeten die Osmanen Minen vor dem Ravelin. Die Palisaden wurden sieben Meter breit gesprengt und in den Graben geschleudert.

Am 31. Juli wurde die 'Katze' auf der Löwelbastei zerschossen.

In der Zwischenzeit sammelte König Jan Sobieski von Polen sein Heer, um Wien zu Hilfe zu kommen.

Kaiser Leopold I. hatte am 17. Juli Passau erreicht, wo am

23. Juli die ersten bayerischen Hilfstruppen mit 10.000 Mann eintrafen.

Am 27. Juli überbrachte Graf Philipp von Thurn in Passau die Botschaft, dass König Jan Sobieski und sein älterer Sohn Prinz Jakob Ludwig Heinrich mit 50.000 Mann bis Ende August in Wien sein würden.

Der Jesuitenpater Wolff vermeldete, dass auch aus Sachsen 10.000 Mann aufbrechen würden.

Wenig später kam die Nachricht, dass Sobieski bis 20. August in Wien sein werde und über Schlesien und Mähren marschiere.

Am 1. August wurden in Wien die Lebensmittelpreise fixiert und am selben Tag beschossen die Osmanen während einer Messe den Stephansdom.

Am 3. August eroberten die Osmanen Pottendorf, Ebreichsdorf und Götzendorf und töteten und verschleppten die Bevölkerung.

Am 8. August erreichte bei einem Sturmangriff erstmals ein Soldat der Osmanen die Stadtmauer.

Am 8. August traf auch Prinz Eugen von Savoyen in Passau ein. Er berichtete, dass alle anderen französischen Offiziere, die sich den Österreichern anschließen wollten, eingesperrt wurden

Am 11. August erkrankte Graf Starhemberg an der 'Roten Ruhr', die sich in der Stadt ausgebreitet hatte.

Vom 9. bis 11. August erkrankte auch Kaiser Leopold I. und lag mit Fieber, Durchfall und Erbrechen im Bett.

Am 12. August stießen 1.000 Mann vom Regiment des Prinzen Ludwig Anton von der Pfalz zum Entsatzheer.

Am 14. August, mit zweiwöchiger Verspätung, marschierte Sobieski mit seiner Armee von Krakau aus Richtung Wien.

Am 17. August überbrachte Kolschitzky die Nachricht, dass ein Entsatzheer mit insgesamt 70.000 Mann sich vor Wien sammle.

Am 21. August stießen 8.000 Franken zum Heer.

Am 24. August griffen die Janitscharen erneut Klosterneuburg an, das sie als Stützpunkt gegen das Entsatzheer verwenden wollten. Der Angriff dauerte bis zum 26. August und konnte erfolgreich abgewehrt werden.

Am 25. August zog das Entsatzheer unter Kaiser Leopold I. Richtung Wien.

Am 31. August traf Sobieski mit Herzog Karl V. in Hollabrunn zusammen.

Anfang September ging in der Stadt die Nahrung aus. Die zermürbenden Kämpfe haben auf beiden Seiten Verluste gebracht. Auch den Osmanen ging die Nahrung aus.

Am 3. September wurden vom Stephansdom in der Nacht 30 Raketen abgeschossen, am 6., 7. und 8. September waren es bereits so viele, dass sie nicht mehr gezählt werden konnten.

Am 6. September wurden drakonische Maßnahmen gegen Deserteure und Wehrdienstverweigerer in Wien beschlossen. Wer krank oder zu alt für die Arbeit war, musste ein ärztliches Attest vorweisen.

Am 7. September hielt Kara Mustafa eine Musterung ab und Kriegsrat über die bevorstehende Schlacht gegen das Entsatzheer. Er mußte um jeden Preis die Schlacht gewinnen, denn der Angriff auf Wien war von Anfang an nicht vom Sultan gebilligt worden

Am 9. September starb der Wiener Bürgermeister Johann Andreas von Liebenberg nach einer mehrwöchigen Krankheit.

Am 10. September wurden neue Palisaden gebaut und neue Laufgänge für eine weitere Verteidigungslinie angelegt.

Am 11. September besetzten die alliierten christlichen Truppen das Kahlengebirge.

In den Morgenstunden des 12. Septembers griff das Entsatzheer mit Truppen aus Venedig, Bayern, Sachsen, Franken, Schwaben, Baden, Oberhessen und Polen an, ca. 60.000 Mann. Die osmanischen Kommandanten konnten sich über die Taktik für den Zweifrontenkrieg nicht einigen. Nach zwölfstündigem Kampf griff die Kavallerie unter dem Oberkommando von König Sobieski von den Höhen des Wienerwaldes her ein. Die gesamte christliche Streitmacht ging zum Generalangriff über, denn auch die Wiener begannen mit einem Ausfall, als sie sahen, dass die Schlacht zugunsten der Christen ausging, und stürmten die Laufgräben der Osmanen. Das osmanische Heer flüchtete überstürzt. Erst jenseits der Schwechat, ca. 10 km von Wien entfernt, gelang es Kara Mustafa, einen Teil seiner Truppen zu sammeln und nach Raab zurückzuführen.

Am 12. September stellten sich die Osmanen für die Entsatzschlacht beim Kahlengebirge bis Hütteldorf auf und trieben gleichzeitig fünf Minen bis unter die Stadtmauern.

Am 13. September betrat König Sobieski die Stadt. Die Kaiserlichen drängten auf eine sofortige Verfolgung der osmanischen Truppen, aber Sobieski wollte sein Pferd nicht weiter belasten.

Die Wiener Bevölkerung verschoss im Freudentaumel wahllos Munition. Nach der Belagerung wurden an der Stadtmauer hinter dem zerschossenen und aufgegebenen Ravelin die mit Schwarzpulver gefüllte Minen gefunden. Diese sechs Meter tief unter der Kurtine gelegenen Minen waren fertig zur Sprengung, wurden aber infolge der Niederlage nicht mehr gezündet...

Am 25. Dezember wurde Großwesir Kara Mustafa, auf dem Rückzug in Belgrad angekommen, auf Befehl des Sultans erdrosselt. Er hatte die Schlacht um Wien trotz dreifacher Übermacht verloren. Als Dank für die Befreiung Wiens wurde in der Katholischen Kirche am 12. September das Fest Mariä Namen eingeführt.

Der bittere Wermutstropfen in der Geschichte: Der Ruhm der gewonnenen Entsatzschlacht ging an König Sobieski. Kaiser Leopold I. mußte die Führungsmacht an die Polen abtreten, da diese sonst nicht zu Hilfe gekommen wären.

http://www.1020-wien.at/zweite-tuerkenbelagerung.php

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