Ein Angriff Israels auf Ziele in Katar hat die ohnehin fragile Lage im Nahen Osten auf eine neue Eskalationsstufe gehoben – und er wirft ein grelles Licht auf Premierminister Benjamin Netanjahu. Der israelische Regierungschef hat damit signalisiert, dass er an einem echten Friedensprozess kein Interesse hat. Bemerkenswert und zugleich tragisch ist, dass ausgerechnet jene Personen bombardiert wurden, mit denen über einen Geiseltausch verhandelt werden sollte. Die darin festgehaltenen israelischen Geiseln sind damit de facto abgeschrieben – ein politisches und moralisches Fiasko. Für Netanjahu aber scheint dieses menschliche Drama nicht ins Gewicht zu fallen. Die Hamas, ohnehin nur schwer für diplomatische Schritte zu gewinnen, dürfte nach diesem Schlag die noch verbliebenen Kanäle für Verhandlungen endgültig kappen.
Vom Friedensprozess zur Farce: Israel zerstört eigene Verhandlungsbrücke
Schon das erste große Geiseltausch-Abkommen, das unter dem damaligen US-Präsidenten Donald Trump auf den Weg gebracht wurde, war spektakulär gescheitert. Trumps Vision einer „goldenen Riviera“ am Gazastreifen, verbunden mit der Deportation von Palästinensern nach Somalia oder in den Südsudan, mag auf den ersten Blick nach groß angelegter Diplomatie geklungen haben – in der Realität entpuppte sich der Plan als unausführbar und moralisch fragwürdig. Nun kommt hinzu, dass Trump selbst diesem aktuellen Angriff auf katarisches Territorium zugestimmt haben soll, obgleich er sich erst kürzlich in einer höchst umstrittenen Privattransaktion einen 400-Millionen-Dollar-Jet aus Doha beschafft hat. Diese Doppelrolle, die persönliche Bereicherung und sicherheitspolitische Weichenstellungen unauflösbar vermengt, wirft ebenfalls ein finsteres Bild auf Washingtons Rolle in der Region.
Netanjahu bricht Israels heiligstes Versprechen: „Wir lassen keinen zurück
Für die israelische Gesellschaft ist der Schlag gegen Katar auch ein innerpolitischer Tabubruch: Israel hat stets betont, niemals seine eigenen Staatsbürger im Stich zu lassen. Dieses ungeschriebene Abkommen zwischen Staat und Volk wird nun offen verletzt. Dass Netanjahu bereits mit einem internationalen Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag konfrontiert ist und ein großer Teil der israelischen Bevölkerung seit Monaten gegen ihn auf die Straßen geht, passt ins Bild. Weite Teile der Gesellschaft werfen ihm autokratische Tendenzen und systematische Korruption vor.
Israelische Proteste bestätigt: Kritik am Premier ist keine Hetze, sondern Solidarität
Kritik an Netanjahu ist deshalb nicht nur legitim, sie ist im Gegenteil Ausdruck besonders israelfreundlicher Haltung – denn sie unterstützt jenen Teil der Bevölkerung, der für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit eintritt.
Krieg statt Kompromiss: Warum Netanjahu keine Ruhe will
Alles deutet darauf hin, dass Netanjahu den permanenten Ausnahmezustand des Krieges braucht. Friedensverhandlungen würden ihn unweigerlich mit seinen Korruptionsaffären und Machtmissbrauch konfrontieren. Der Angriff auf Katar zeigt folglich nicht nur, wie gering der Wert von Geiselverhandlungen für diese Regierung ist – er offenbart auch, wie stark Israels Premier in den Fortbestand des Konflikts investiert ist. Netanjahu regiert durch Eskalation, nicht durch Vermittlung. Und das, so scheint es, ist mittlerweile nicht nur ein Problem Israels oder Katars – sondern eine Gefahr für die Stabilität der gesamten Region.

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