SPD, ihr Ruf nach sozialer Gerechtigkeit und die Realität

Daß Menschen von ihrer Arbeit nicht oder nicht auskömmlich leben können, kann eine ganze Reihe von Gründen haben. Es sind nicht immer geringe Stundenlöhne – eine mindestens genauso dramatische Ursache ist die unfreiwillige Teilzeitarbeit. Das sind Leute, die vielleicht 25 oder 30 Stunden in der Woche arbeiten, ein entsprechend geringeres Einkommen haben, aber sofort ihre Arbeitszeit verlängern würden, wenn der Arbeitgeber ihnen dazu die Möglichkeit gäbe.

Auch befristete Arbeitsverhältnisse, die jederzeit ohne Vorwarnung zu Ende gehen können, machen den Menschen das Leben unsicher und schwer. Wer nicht weiß, ob er in einem halben Jahr arbeitslos ist, verschiebt eher die nächste Anschaffung – und im Zweifel auch die Eheschließung, den Kinderwunsch oder die größere Wohnung. Unsicherheit kann ziemlich zermürbend und aushöhlend sein.

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Dagegen muß man etwas tun. Während der Kanzlerkandidat der SPD erst seit neuestem sein Herz für soziale Gerechtigkeit gefunden hat, gab es in Nordrhein-Westfalen immer schon die sich um alles kümmernde Landesmutter Hannelore Kraft. Manch einer glaubt ihr sogar, wenn sie bei Maischberger entsprechende Arbeitsverhältnisse kritisiert. Wo bleibt da eigentlich der normale, loyale und auf gegenseitigem Vertrauen basierende Umgang zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern?

Um so merkwürdiger ist es dann aber doch, wenn die nordrhein-westfälische Finanzverwaltung offensichtlich im größeren Stil befristete Stellen ausschreibt. Und was ist die Ausrede ...äh... Begründung dafür? Man müsse gucken, ob die Leute geeignet seien (Nein, muß man nicht. Dafür gibt es ja die Formalqualifikation) und ob alles klappen würde mit denen (Muß man auch nicht, wie Ralph Brinkhaus von der CDU treffend erkennt, denn dafür gibt es eine Probezeit).

Und da fiel uns noch was älteres ein. War Teilzeit nicht schon vor einigen Jahren ein Thema, als es um streikende Erzieherinnen ging? Ja, war es. Am 28. Mai 2015 bei Illner. Eine Erzieherin aus Oranienburg erzählt. Offensichtlich sind 32-Stunden-Verträge dort die Regel. Wie bitte? Teilzeitjobs im öffentlichen Dienst? Und das nicht für Frauen, die aus familiären Gründen ihre Arbeitszeit reduzieren, sondern weil es so üblich ist? Und das in einer ohnehin schon gering vergüteten Lohngruppe? Da hat die FDP-Politikerin Lencke Steiner einfach recht. Der Staat ist kein guter Arbeitgeber. So geht man mit seinen Leuten nicht um und man stelle sich vor, was die Gewerkschaften in Deutschland veranstalten würden, wenn in irgendwelchen privatwirtschaftlichen Branchen Teilzeitverträge üblich wären. Mit allem, was daran hängt, inklusive der folgenden Altersarmut, weil nie ausreichend für die Rente eingezahlt wurde.

Natürlich ist der Staat für all diejenigen ein guter Arbeitgeber, die es in den Beamtenstand geschafft haben oder zumindest in die höheren Besoldungsgruppen des öffentlichen Dienstes. Das ist aber eben mitnichten der Normalfall „Es tut uns leid, Sie sind zu dick oder zu kurzsichtig, vielleicht auch einfach im falschen Jahrgang geboren, Sie bleiben draußen.“ Mal fehlt der Migrationshintergrund, mal stehen Quotenregelungen dem entgegen oder was auch immer. Ob man verbeamtet wird oder vom Einstellungs- bzw. Vertragsverlängerungsstopp betroffen ist, ist oft Glückssache. Und das sollten sich all die, die meinen, Vater Staat würde das beste für jedermann sein, dick hinter die Ohren schreiben!

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Aron Sperber

Aron Sperber bewertete diesen Eintrag 12.03.2017 15:05:30

Matt Elger

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