Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, was für ein Glück es ist, wählen zu dürfen? Und, nein, ich rede gerade nicht von Flüchtlingen, Doppelpässen usf. Nicht einmal über Frauen, obschon es einer Erwähnung wert ist, dass als letztes Schweizer Kanton Appenzell Innerrhoden im Jahr 1990(!) das Wahlrecht für Frauen einführte.

Wahlrecht und Demokratie bilden also keinen zwingenden Zusammenhang, lernen wir daraus. Denn wer hätte auch vor 1990 behaupten wollen, dass die Schweiz kein demokratisches Land ist?

Überhaupt scheint unsere Vorstellung von Demokratie ja sehr von der des Herkunftslandes abzuweichen.

Im antiken Athen durften freie Vollbürger über 30 wählen, natürlich nur die männlichen. Das waren ca. 10 Prozent der Bevölkerung.

Was nicht so schlimm ist, wie es zunächst klingt.

Denn, überlegen Sie, wir hier in Deutschland zum Beispiel wählen weder Bundeskanzler, noch Bundespräsident direkt.

Wie wir überhaupt nicht direkt an politischen Entscheidungsprozessen beteiligt sind, sondern nur wählen können, wer für die nächsten paar Jahre über uns entscheidet.

Gleichwohl beinhaltet der Demokratiegedanke auch (und vermutlich machen wir uns das nur höchst selten bewusst) erforderliche Voraussetzungen derer, die sich an der Demokratie beteiligen (wollen).

Als da wären selbstbestimmtes Handeln und politische Informiertheit, aber auch Tugenden wie Mut, Fairness, Solidarität und Loyalität gegenüber dem Land und seinen Bürgern.

An diesen Gedanken schließen sich jene an, die neuerdings immer öfter fordern, es solle mitnichten jeder wählen dürfen.

Auch wenn derlei Gedanken noch sehr im Vagen schweben, sind sie doch da.

Die einen reden etwas von "nur noch Abiturienten", was ich absurd finde angesichts der vielen politisch ungebildeten Intellektuellen.

Andere gehen davon aus, dass nur "produktive oder ehemals produktive Mitglieder der Gesellschaft" die Folgen mancher Wahlentscheidungen in ihrer Konsequenz einschätzen können.

Sie führen dazu aus, dass Rechts- und Linkspopulisten die Neigung haben, das Blaue vom Himmel zu versprechen, ohne die Gegenrechnung aufzumachen, wie diese Versprechungen finanziert werden sollen.

Sie erreichen damit vordergründig jene, die nichts zu verlieren, aber viel zu gewinnen haben, weil sie weder Steuern, noch andere Abgaben leisten, sich nicht an politischen Prozessen beteiligen und auch nicht anderweitig engagieren.

Das Wahlrecht an der Produktivität, sprich: an der Beteiligung am finanziellen Wohl und Wehe, fest zu machen, sei nur logisch.

Wer nicht mindestens 1000 Euro Steuern im Jahr zahle oder - als Rentner - nicht mindestens 30 Jahre Steuerzahlung nachweisen könne, solle von der Wahl ausgeschlossen werden.

Ein Gedanke, der immerhin effektiver wäre, als Tests zur Wahleignung.

Wie denn sollten die aussehen?

Und was die Tugenden angeht, haben wir doch alle beizeiten gutes Schummeln gelernt, egal ob bei Mutti, dem Pfarrer oder Lehrer.

Der Wahlberechtigungsnachweis durch Vorzeigen der Taten?

Die Steuererklärung vorzulegen, wäre immerhin eine einfache Methode.

Aber was ist mit jenen, die ihren produktiven Beitrag nicht leisten konnten?

Ist Mutterschaft keine produktive Tätigkeit?

Wird Behinderung und Krankheit zum Stigma?

Zudem stellt sich mir die Frage: Wenn Demagogen, gleich welcher Richtung ( die auch schon im alten Athen ein Problem waren), das eigentliche Problem sind, warum packt man das Thema nicht bei dieser Wurzel?

Jeden, der einfache Erklärungen für komplizierte Themen und güldene Versprechungen liefert, sollte zur differenzierten Darlegung verpflichtet werden, WIE er das Versprochene umsetzen will.

Oder: Politische Bildung wird für jeden Wahlberechtigten obligatorisch.

(Auf die Frage: Wo beziehen Sie ihre Erkenntnisse, sollte dann tunlichst nicht BILD oder KRONE kommen.)

Ach, ich weiß es nicht.

Und Sie?

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Matt Elger

Matt Elger bewertete diesen Eintrag 09.04.2017 20:09:00

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