Der zarte Bub, vielleicht 16 oder 17 Jahr. Im Zug.

Ein „Zappel-Philipp“. Der Neuzeit.

Nicht neulich. Sondern vor ca einem Monat. Zugfahrt nach Sankt Pölten. 6:30. „Die Schüler sind los“ und: „die einfachen Hackler“. Ein geistig unterentwickelter Mann am Ende des 70er-Jahre-Abteils. Telefonierte. Laut.

Doch Keiner fühlte sich gestört. Wie auch? Hörte ihn ja kaum einer. Stellte ich fest. Ich: zu diesem Zeitpunkt, aus „Prinzip“ kein mobiles technisches Gerät in Gebrauch. Sondern mit leeren Händen: beobachtend. Rund 40 Menschen befanden sich in dem Abteil. Einige Kids standen am Gang, die Arme Richtung Plastikschlaufe gen Abteilhimmel. Halt gegen Ruckeln und Anhalten. Halt!

Der „Zappel-Philipp“. Ein empathischer junger Mann. Weil. Er fühlte, dass ich ihn von schräg visavis beobachtete. Kaum einer tat das. Von den rund 40 Erdlingen waren drei ofline. Inclusiv mir.

„Zappel-Philipp“ war auf virtuellem Trip. Mittels Spiel. Schien hektisch zu werden. Denn. Bald zuckte der Körper des blassen Jungchens. Mit den Lidern fing es an. Flatter. Flatter. Dann schien es in den Nervenbahnen der Halsgegend stressbedingt los zu gehen. Hektisch begann der Kopf ruckartige Zucker zu vollziehen. Ein Tanz der Moderne. Sozusagen.

Die optisch erkennbare Nervenaufruhr breitete sich physisch weiter aus.

Was mich allerdings bedenklich stimmte, war die Tatsache, dass der junge Bub mit beiden Händen begann, „den Quell“ des virtuellen Lebens in dem er sich befand, mit ruckartigen Bewegungen hin und her zu „schupfen“. Gar so, als „schupfe" er eben mal sein Dasein.

Ich glaube, „der Krieg“ war vorbei.

Wer als Sieger hervorging? Ich weiß es nicht.

Ich konnte keine Mimik feststellen. Jedenfalls.

Nun kam das Tote, aus antiquiertem Papier bestehenden, Lehrbuch an die Reihe. Schnell lernen….. Klartext: immer noch im „Kampfmodus“ mittels hektischer Bewegungen, flogen die Blicke des Jungens über die Seiten des Buches. Das Kopferl zuckte immer wieder. Die Lider ebenso. Immer noch im „Stressmodus“. Und so: und dies schockierte mich am meisten: vibrierten die zarten Armchen, um in eben den selben Schüttelbewegungen, wie dies beim virtuellen Spiel mittels mobilen Telefon der Fall war, die Seiten des irdischen Buches zu bewegen. Doch. Die hölzernen Papierseiten mussten „berührt“ werden. Direkt. Angegriffen werden. Blatt für Blatt.

Gerne hätte ich dieses Jungchen berührt. Schützend, berührt. Jung, zart in moderner Kleidung steckend. Vom modischen Turnschuh über die immer noch aktuelle zerrissene Jean, bis hin zu der aus „Great Britain“ stammenden Jacke. „Jungchen“ hat gewiss modische Eltern. Die reisen. Mit Jungchen.

Doch! „Zappel-Philipp“ nimmt nicht mehr die Jungchen-Welt da draußen wahr, welche an den Fenstern des Zuges oder der Autos vorbei fliegt. Jenes erdige Bild der Landschaften.

Jungchen wohnt in der virtuellen Zappelwelt.

pst: ich widme diese Erzählung jenem jugendlichen Mensch. In der Hoffnung, dass wir "Alten" ihn letztlich doch den Boden untern seinen Füßen nahe bringen. Ihn verankern. Damit er seinen Geist stets reisen lässt. Seine Gedanken und Gefühle weit sein mögen. Sodass dieser junge Mensch mittels klarem Geist, ruhig und dennoch stets beweglich und körperlich vital agiert. Als Mensch.

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