Danke Amer Albayati für deine Osterbotschaft: „Terrorismus ist kein Naturereignis. Terrorismus wird importiert. Terror entsteht dann, wenn Migranten hier keine Zukunft für sich sehen, wenn sie frustriert sind. Terror entsteht dann, wenn man sich entwurzelt fühlt und die alte Heimat sucht. Terror entsteht dann, wenn die Integration scheitert. Terror entsteht dann, wenn Parallelgesellschaften entstehen. All das passiert gerade in Europa. Vor unseren Augen.

Ich möchte an der Stelle nur ergänzen: das gilt nicht nur für Migranten, das gilt für alle Bürger dieses Landes und Europas, z.B. auch für die Gelbwesten in Frankreich. Die gleichen Probleme, die Frankreich hat, haben wir auch in Österreich. Aber die Österreicher regen sich bestenfalls oder schlimmstenfalls darüber auf, dass ihnen der Karfreitag als Feiertag weggenommen wird.

Spätestens seit dem Anschlag auf „Charlie Hebdo“ weiß jeder, dass der Islam in seiner gefährlichsten Form in Europa angekommen ist. Zum Teil infiltriert via Flüchtlingsströme, aber ebenso durch die Radikalisierung bereits hier lebender Bürger, Schlagwort „dritte Generation“. Wer sich ernsthaft die Frage stellt, warum diese Radikalisierung ausgerechnet in den vergangenen 20 Jahren stark zugenommen hat, der muss sich auch fragen: In welchen Bereichen, wo, wann und wie genau hat Europa versagt um den Boden für solche Auswüchse zu bereiten?

Die Antwort liefert – rechtzeitig zu Ostern – Jean Ziegler in einem ausführlichen Interview auf kontrast.at.

kontrast.at kontrast.at

Er sagt es nicht wörtlich, aber ich interpretiere ihn so: es ist die unheilvolle Junktimierung des Kapitalismus mit dem Christentum! Nein, umgekehrt: des Christentums mit dem Kapitalismus, denn das Christentum war zuerst da. Es hat sich bis zum Ende des 20. Jahrhunderts eine realpolitische Vormachtstellung in Europa gesichert, bis es vom Kapitalismus vereinnahmt wurde. Und zwar total vereinnahmt. Wenn nun Ziegler sagt, dass der Kapitalismus als „kannibalische Weltordnung“ nicht reformierbar ist, so ist dies gleichzeitig ein vernichtendes Urteil über das Christentum. Und hier liegt der Grund dafür, warum das Christentum dem Islam nichts entgegenzusetzen hat.

Jean Ziegler: „Heute gibt es keine Notwendigkeit für das tägliche Massaker des Hungers. Ein Kind, das jetzt, während wir reden, an Hunger stirbt, wird ermordet.19 % der Menschen sterben an Hunger – auf einer Welt, die von Reichtum überquillt. Der Kapitalismus ist nicht nur mörderisch, sondern total absurd! Er tötet, aber er tötet ohne Notwendigkeit. … Eine kannibalische Weltordnung, die gezeichnet ist durch eine Weltdiktatur der Oligarchien des globalisierten Finanzkapitals. Ich habe erlebt, wie Konzerne direkt ihre Befehle durchgeben, auch an Staatschefs. Eine Weltdiktatur der Konzerne. … die können sehr viel, denn sie beherrschen den wissenschaftlichen, technologischen, elektronischen Fortschritt. Aber sie funktionieren nach einem einzigen Prinzip, dem der Profitmaximierung in möglichst kurzer Zeit zu jedem menschlichen Preis. Diese kannibalische Weltordnung müssen wir brechen, bevor sie uns und den Planeten total zerstört.

Ich fürchte, dass Amer Albayati in seiner Osterbotschaft nicht weit genug geht: „Es ist mehr als überfällig, dass so mancher Entscheidungsträger in Europa seine Position überdenkt und die richtigen Entscheidungen im Interesse Europas trifft. Aber das passiert nicht, dabei könnte es schon zu spät sein.Nicht „manche Entscheidungsträger“ sollten ihre Position überdenken, sondern alle!

Die unheilvolle Allianz von Selbstlosigkeit bis zur Selbstaufgabe (= Christentum) und Profitgier bis zum Kannibalismus (= Kapitalismus) ist die Ursache für die Orientierungslosigkeit Europas. Aufgrund dieser Orientierungslosigkeit suchen Menschen. die auf der Verliererseite stehen, neue Hoffnungen und Perspektiven. Und finden sie mehr und mehr im Islam.

Soweit meine These zum Ostersonntag. Wenn ich mal Zeit habe, werde ich sie historisch überprüfen. Aber an einem Sonntag darf man ja auch mal eine gewagte Predigt halten, zumal sogar Jean Ziegler im kontrast.at-Interview am Ende etwas mystisch wird: „Sartre sagt, das größte Mysterium ist die Inkarnation. Wir tragen die neue Welt ja in uns! Ganz sicher. Auf einem Planeten zu leben, auf dem alle fünf Sekunden ein Kind am Hunger stirbt und der Reichtum das Doppelte der Menschheit ernähren könnte, das wollen wir nicht. Wir wollen Gerechtigkeit und Solidarität, Identität mit dem anderen. Diese Utopie trägt jeder in sich. Das Mysterium ist: zu welchen historischen Bedingungen, in welchem geschichtlichen Moment bricht dieses Bewusstsein, diese Utopie durch und wird soziale, realitätsverändernden Kraft?

Nachsatz 24.4.2019: Siehe auch "Die Gemeinwohlwitschafts-Galerie"

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