Festplattenabgabe. Eine typisch österreichische Lösung

Sie ist zwar noch nicht verabschiedet, aber es würde an ein kleines Wunder grenzen, wenn sie am 1. Oktober nicht feststeht und kommt.

DIE FESTPLATTENABGABE

Dass das österreichische Urheberrechtsgesetz absolut nicht mehr zeitgemäß war, war offensichtlich, denn bisher gab es nur die Reprographieverfügung auf Drucker und die sogenannte "Leerkassettenvergütung". Ich habe zwar in den 90ern für meinen Walkman Mixtapes erstellt, indem ich eine Kasette im Radio hatte und stundenlang Radio gehört habe, um so gut es geht meine Lieblingslieder aufzunehmen. Aber mein Walkman starb 2002 und seitdem habe ich keine Kasetten mehr gekauft.

Der aktuelle Vorschlag wird von unseren Politikern als moderne Lösung verkauft, die Urheber, Handel und Konsumenten gleichermaßen berücksichtigt. Die Einzigen die von der aktuellen Lösung aber profitieren, sind die Verwertungsgesellschaften und die ganz großen Künstler, da der Verteilungsschlüssel der Verwertungsgesellschaften kleine Künstler stark benachteiligt und das Geld fließt in die Richtung der aktuell sehr populären Künstler oder die Oldtimer die hin und wieder ein "BestOf" bringen, aber teilweise seit Jahrzehnten keine neue Musik gemacht haben.

Es ist offensichtlich, dass hier starkes Lobbying seitens der Verwertunsgesellschaften (pejorativ: auch Urheberrechtsmafia) betrieben wurde. Der kleine Mann (lies: Konsument) wird geschröpft, der kleine Fachhandel hat die Arschkarte und große Ketten haben genug Werbepräsenz und Marktanteil, dass es sie nicht allzu stark treffen wird. Es ist klar, hier wurden nur die Interessen einiger weniger, die schon viel haben vertreten. SPÖVP schaffen es selbst hier, bei einem wirtschaftlichen, modernen, technischen Thema der FPÖ zuzuspielen, die jetzt nichts weiter tun braucht als sich groß aufzupusten "SEHT HER DIE REGIERUNG SCHRÖPFT EUCH WEITER". Gratulation liebe SPÖVP, diese Leistung ist wirklich meisterhaft.

Aber der Reihe nach.

Der Gesetzesvorschlag sieht in Zukunft eine Festplattenabgabe in Höhe von bis zu 6% vor, auf alle Geräte mit Speichermedien die für Vervielfältigung von Privatkopien geeignet sind. "Festplattenabgabe, also Festplatten für Computer und Laptops" denkt man sich da zuerst. Aber nein! Es betrifft so ziemlich alle Geräte mit Speicherplatz: Festplatten, Laptops, Tablets, Smartphones, MP3 Player, uraltHandys, Spielkonsolen, CD/DVD-Rohlinge, ...

Es geht darum die Privatkopie zu versteuern, damit die Urheber eines Kunstwerks was davon haben, wenn Menschen von ihrem Recht gebrauch machen, eine private Sicherheitskopie zu erstellen. "Was ist so schlimm daran ?", wäre eine berechtigte Frage, nur ...

a) Kommen Konsummedien (Filme&Serien auf DVDs, Musik auf CDs, Videospiele, teilweise auch digitale Downloads von Musik) mit Kopierschutz! Dieser Kopierschutz macht es mir unmöglich eine Privatkopie zu erstellen. Den Kopierschutz zu umgehen oder auszuschalten ist jedoch ILLEGAL. Ich zahle eine Steuer drauf, da ich mir rein technisch gesehen eine Kopie machen darf, es mir jedoch unmöglich ist.

b) Die Festplattenabgabe fließt in die Töpfe der AKM und austromechana. Es ist zwar nur eine persönliche Anekdote, aber ich besitze keine österreichische Musik und keine österreichischen Serien in egal welchem Medium oder Format. Bis auf eine Fritz Lang Film Kollektion besitze ich auch keine österreichischen Filme, kurz gesagt: Ich konsumiere keine österreichischen Unterhaltungsmedien! Wenn ich mir in Zukunft eine Festplatte kaufe, damit ich meine von ausländischen Künstlern im Internet gekaufte Musik speichern kann, zahle ich eine Abgabe an österreichische Künstler. Und da die Verteilungsschlüssel der Verwertungsgesellschaften große Künstler bevorzugen, zahle ich an AustroPopLeichen die seit Jahren nichts neues bringen oder an aktuelle Künstler wie die Wurst oder den Gabalier, die nicht mein Musikgeschmack sind. Das ist zwar bei jedem anders, einige kaufen und konsumieren einheimische Kunst. Nur differenziert das Gesetz da überhaupt nicht.

c) Falls ich nun jemand bin der einheimische Künstler unterstützt zahle ich doppelt. Ich kaufe mir ihre CDs/DVDs und zahle dann nochmal eine Abgabe auf meine Geräte mit Speichermedien.

Die Abgabe soll bis zu 6% des Gerätepreises betragen. Bei Festplatten ist das prinzipiell noch in Ordnung, immerhin ist das Gerät nur ein Speicher. Nehmen wir aber andere Multimediageräte her die einen Speicher haben, so ist das etwas absurd. Ich benütze mein Smartphone zum Telefonieren, im Internet surfen, zeittotschlagen mit Spielchen beim auf-die-öffis-warten und als Musikplayer. Nun soll ich bis zu 6% auf den Gerätepreis draufzahlen, für eine kleine Nebenfunktion ?Lassen wir außen vor, dass viele Smartphonebesitzer garnicht Musik über ihre Telefone hören oder sie die Musik über Dienste wie spotify/deezer/in Zukunft applemusic streamen und so garnicht abspeichern.

6% können viel sein.

Nehmen wir an, ich will alle meine Filme und CDs elektronisch absichern und sie hätten keinen Kopierschutz. Ich kaufe mir dafür eine gigantische 8TB Festplatte auf Amazon. Aktuell gibt es diese um 200-250€. Im heimischen Handel sind die Preise ähnlich. Sagen wir der Einfachheit wegen, sie kostet 200€. 6% von 200€ wären 12€ Festplattenabgabe. Dazu ist noch garnicht geklärt ob die Festplattenabgabe unter die Ust fällt oder nicht, wie damals bei der Nova. Da werden sich die Gerichte in Zukunft damit befassen müssen. Aber bleiben wir bei 12€ zusätzlich, die Festplatte kostet mich nun 212€ im heimischen Handel. Auf Amazon krieg ich sie um 200€ und Gratis Versand. Sollte nun Amazon nicht nach Österreich liefern, was bei einigen anderen Produkten mit unterschiedlicher Gesetzeslage zwischen De&Öst schon vorkommt, bleibt mir nur der Umweg. Ich könnte die Festplatte an die Adresse eines Freundes in Deutschland bestellen und der sendet sie mir dann um 3-5€ nach. Oder ich bestelle die Festplatte an Umsendeunternehmen die für dieselbe Leistung 3-5€ verlangen. Habe ich mir trotzdem 7-9€ gespart.

Wer leidet darunter ? Der österreichische Händler. Ein Saturn oder Mediamarkt wird es verkraften, dass nun einige technisch versiertere Personen die ruhig ein paar Tage warten können ihre Festplatte aus Deutschland bestellen. Was ist aber mit dem kleinen Elektro-Fachhandel ? Diese Unternehmen haben sich etabliert und durchgesetzt, da sie fairere Preise als Großketten verlangen und einen sehr kompetenten Service anbieten und nun sind ihre Produkte teurer. Um zu Überleben werden sie sparen müssen, entweder die Serviceleistungen kürzen oder die Preise niedrighalten und die Festplattenabgabe aus eigener Tasche zahlen. Die 200€ Festplatte kostet noch immer 200€, nur gehen davon nur noch 188€ an den Händler.

Richtig problematisch wird es bei Geräten mit eingebautem Speicher, da diese um einiges teurer sind als Festplatten.

Fertig PCs ? Es geht auf den Gerätepreis. Ein Budget Fertig PC für Facebook&Youtube der 500€ kostet, kostet nun um bis zu 30€ mehr! Wahrscheinlich ist nur eine 1TB Festplatte eingebaut, die nur 80€ kostet, also maximal 4,60€ Festplattenabgabe hätte.

Laptops ? Dieselbe Geschichte.

Was ist mit Menschen die gerne auf ihren Laptops zocken und sich Gaminglaptops kaufen ? Die sind in der Regel sehr teuer, ab 1000€ aufwärts, HighEnd Laptops gehen schonmal über die 2000er Marke. Mehrbelastungen im Extremfall um bis zu 100€+

Smartphones ?

Die Mobilfunkbetreiber haben dieses Problem schon angesprochen. Erstens wird es ihnen nun unmöglich sein 0€ Telefone anzubieten oder sie leisten die Abgabe aus eigener Tasche.

Diejenigen von uns die sich ungesperrte Smartphones ohne Vertrag kaufen, sehen sich dann auch mit Aufpreisen im Bereich 20-60€ konfrontiert, je nach Modell.

Tablets, Smartwatches die jetzt am kommen sind, Spielkonsolen die bisher nicht beachtet wurden aber ebenfalls Multimediafähig sind, ... die Liste lässt sich beliebig fortsetzen.

Der Konsument zahlt drauf und das ordentlich, für jedes Produkt. Kaufe ich mir eine Festplatte und einen MP3 Player, so zahle ich 2x eine Abgabe, zusätzlich zum Preis der CD/DVD, weil man ja ein ehrlicher Bürger ist, der sich Unterhaltungsmedien kauft.

Die Händler leiden. Große Händler werden es verkraften können, aber selbst dort wird dann wahrscheinlich gespart, denn es geht um in erster Linie um Gewinn. Kleine Händler ziehen die Arschkarte. Unternehmen in Deutschland profitieren davon, in Grenznähe werden findige Unternehmer Elektronikgeschäfte eröffnen. Sollte die Festplattenabgabe in dieser Form kommen, wird es in 2 Jahren in der Excaliburcity neben dem Freeport, dem günstigen Supermarkt und dem Asiatenmarkt, ein Elektrogeschäft aufmachen.

Wer profitiert beziehungsweise wem hilft diese Festplattenabgabe wirklich ? Nur den Verwertungsgesellschaften und einigen wenigen Top Künstlern, die kleine Indieband die nur auf Bundeslandebene bekannt ist und auf eigene Kosten durch Österreich fährt um für Bier und Logie in kleinen Locations zu spielen, wird davon wenn überhaupt nur minimal was sehen.

Zusätzlich wurde im Rahmen dieser Festplattenabgabe der Paragraph erweitert, was nun eine legitime Privatkopie darstellt und die Raubkopie nun aus der Grauzone geholt und ist nun explizit illegal in Österreich. Prinzipiell lobenswert, aber laut Justizministerium strafrechtlich irrelevant, es geht nur darum, dass Rechteinhaber klagen können.

Mit etwas Pech droht in Österreich ein Szenario wie in Deutschland. Anwaltskanzleien spezialisieren sich auf Abmahnungen und Abmahnlawinen brechen herein, chronische Raubkopierer werden ebenso getroffen wie Eltern von (Klein-)Kindern. Die Beträge um die es teilweise geht, sind lächerlich hoch. Hohe dreistellige Eurobeträge werden verlangt oder mit Gerichtsverhandlungen gedroht, wenn man einen Film oder ein Musikstück runtergeladen hat.

Ach und bevor ich es vergessen. Es besteht ja die Möglichkeit die Festplattenabgabe zurückerstattet zu bekommen, wenn man glaubhaft macht, dass man das Speichermedium nur für eigene/selbsterstellte Dateien verwendet. Wie man dies tun soll, wird nicht erwähnt. Wahrscheinlich wird man der zuständigen Stelle, die Rückforderungen bearbeitet, Einblick in die eigenen Dateien gewähren müssen, um dies glaubhaft zu machen.

Es heißt ja, die Festplattenabgabe soll Künstler unterstützen. Ein (Hobby- oder Profi-)Fotograf zahlt auf jede Speicherkarte die er sich für seine Apparate kauft drauf, moderne digitale Fotos verschlingen gigantische Mengen an Daten (Format .raw), weil die Qualität der Fotos sehr hoch ist. Der Hobbyfotograf braucht dementsprechend große Festplatten zum absichern, wieder Abgaben! Und dann muss er zusätzlich zum kunstschaffen, zu den Leuten die ihn eigentlich unterstützen gehen und ihnen Beweisen, dass er die Geräte nur für eigene Kunst verwendet und sie ihm bitte das Geld zurückgeben.

Selbiges wird Musiker, Filmemacher, Entwickler, ... betreffen. Und falls man für Familien- und Urlaubsfotos keine Abgabe zahlen will, eh schon wissen ...

Wie aus dem Bilderbuch "Problemlösung in Österreich".

Dieses Gesetz ist weder modern, noch schafft es Rechtssicherheit, noch hilft es denen, denen es vorgibt zu helfen.

Mögliche Vorschläge und bessere Lösungen gibt es viele.

Eine jährliche Haushaltsabgabe ähnlich GIS, eine Abgabe über den Breitband Internetabschluss, eine Abgabe auf den Preis des Kunstwerks das man erwirbt, ...

Diese Lösungen sind auch nicht unbedingt optimal und bringen ihre Probleme mit sich, sind aber allesamt besser als der aktuelle Vorschlag.

Die beste Lösung wäre es, den aktuellen Plan komplett zu verwerfen.

Konsumenten(schützer), Verwertungsgesellschaften, Künstler und Handel an einen Tisch zu setzen und diese eine Lösung gemeinsam erarbeiten zu lassen. Eine Lösung die nicht unnötig Haushalte belastet, eine Lösung die fair ist für jeden Künstler, eine Lösung die transparent ist, die Rücksicht nimmt auf den modernen Markt (Streaming, Arbeitsgeräte, ...) und die nicht österreichischen Händlern schadet.

Aber das wäre keine österreichische Lösung, das wäre eine gute Lösung.

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Guglhupf

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